Die Woche vorher
Leider kommen wir nicht mehr zum Boot putzen, echt keine Zeit. Egal, ist ja auch nur unsere erste Klassenregatta.
Das 'egal' hält bis Freitag um 16:00. Es braucht nur ein kurzes Telefonat und eine Stunde später stehen wir zu dritt am Steg, um das Boot rauszukranen, mit dem wir am nächsten Tag bei Väterchen Frost antreten wollen. Ob das doch Nervosität war, voller Einsatz fürs Team oder etwa Prokrastination lassen wir mal offen. Jedenfalls freuen wir uns über ein sauberes, glattes Unterwasserschiff und kurz danach über die spontane Zusage von Silke, uns als Taktikerin zu unterstützen.
Wir segeln je nach Windstärke lieber zu fünft als zu viert. Mit mehr Crewgewicht können wir ab ungefähr drei Beaufort das Boot aufrechter und damit schneller segeln. Mit Silke kommt neben diesem Vorteil natürlich noch zusätzlich mehr Segelerfahrung an Bord, als wir alle zusammen haben. Sie ist sonst die Steuerfrau des HSC Women's Team.
Samstag
Zu viert segeln wir rüber zum HSC. Anna, Klara, Stella und Mieke sind dabei. Mela studiert dieses Semester in Irland und kann also nur von weitem Daumen drücken. Unser Plan: Silke einsammeln und noch etwas einsegeln in dieser ungewohnten Besetzung. Silkes Plan: Dieses Boot richtig in Regatta-Modus bringen. Schnell wird die Wantenspannung angepasst, die rote Protestflagge ist griffbereit und dann kommen noch ein paar Tape-Streifen aufs Boot, um uns das schnelle Trimmen zu erleichtern. Wir haben noch Zeit, um einmal den Gennaker zu setzen, dann geht es auch schon los.
Wir starten ganz links. Damit sind wir alleine und haben dort jede Menge Platz, um mit ordentlich Geschwindigkeit über die Startlinie zu fahren. Der Plan geht auf. Wir kommen gut durchs Rennen und landen am Ende der Wettfahrt im Mittelfeld.
Weil der Start so gut geklappt hat, starten wir auch beim zweiten Rennen am Pin-End, also links. Die Alster ist wie die Alster immer ist und liefert ordentlich Böen und Wind-Dreher. Silke liefert den Plan, wann wir wo wenden. An der Luvtonne sind wir die erste J70. Yeah! Wir können leider nicht verhindern, dass wir auf dem Kurs, der für uns ungewohnt lang ist, noch von drei Booten überholt werden. Platz vier finden wir trotzdem richtig gut.
Im dritten Rennen können wir sogar noch einen drauflegen. Wir starten natürlich links und fahren als dritte über die Zielline.
Insgesamt sind wir damit fünfte von vierzehn gestarteten J70-Booten. Das können wir selbst kaum glauben. Weil wir ziemlich euphorisiert, aber auch völlig fertig sind, endet der Tag ziemlich schnell nach Essen und ´ner Runde Freibier.
Sonntag
Der Sonntag lässt sich zusammenfassen mit "mehr Wind und mehr Chaos". Es stehen zwei Wettfahrten auf dem Plan und wir kämpfen in beiden. Beim ersten Start kommen wir erstmal gut los. Nach der Luvtonne bauen wir dann ein Missverständnis an Bord. Der Gennaker geht zu früh hoch und weht aus, gegen das dänische Boot, das mit wenig Abstand in Lee von uns fährt. Die rufen auch direkt "Protest" und haben damit natürlich recht. Wir müssen zur Strafe kringeln, also eine ganze Drehung fahren. Weil die Dänen immer noch direkt in Lee von uns sind, können wir nicht, wie wir es geübt haben, erst halsen und dann wenden, sondern fahren den Kringel andersrum. Dazu muss erst der Gennaker runter, zumindest einigermaßen. Das Manöver läuft ok, kostet aber Zeit, in der alle anderen Boote weiter fahren.
In der letzten Wettfahrt kommen wir nie so richtig an. Der Start (wie immer auf der linken Seite) ist ok. Auf der Kreuz müssen wir mehrmals abfallen, um hinter anderen Booten durchzufahren. Dazu kommt noch eine Tonnenrundung, die nicht ganz glatt läuft. Platz zwölf ist die schlechteste Platzierung für uns dieses Wochenende.
Obwohl es weniger rund läuft, als am Samstag sind wir zufrieden. Wir sind tatsächlich durch das ganze Wochenende ohne richtig grobe Fehler durchgekommen. Wir haben in dieser Saison schon mehrmals gelernt, dass wir schon ganz schön viel richtig gemacht haben, wenn wir einfach möglichst wenig falsch machen.
Insgesamt landen wir auf dem sechsten Platz. Da sind wir tatsächlich ein bißchen stolz drauf. Danke dafür, Silke! Da wären wir ohne dich nicht gelandet.
Noch viel wichtiger und deswegen ein noch dickeres Danke gibt es aber für etwas anderes als diese Platzierung. Wir haben zwei Tage lang so viel gelernt und Spaß gehabt, dass unsere Köpfe damit ganz gut überfüllt sind. Zu den Dingen, die wir gelernt haben, gehören ein paar, die wir schon grob umsetzen können und noch weiter festigen möchten. Bei manchen Dingen sind wir jetzt noch sicherer, dass wir sie richtig lernen wollen: Winddreher sehen, schnell gute taktische Entscheidungen treffen, so Regel-sicher sein, dass wir die Wettfahrtregeln als Konter gegen pöbelnde Leute auf anderen Booten einsetzen können und natürlich, dieses Boot noch viel souveräner und viel schneller zu segeln. Damit möchten wir am liebsten gleich loslegen. Wer braucht eigentlich eine Winterpause beim Segeln? Wir eigentlich nicht.